Wenn der Shitstorm droht

Daniel Marx

Jedes Unternehmen muss heute darauf gefasst sein, dass kritische Bemerkungen und Anschuldigungen über das Internet eine große Öffentlichkeit finden. Und sich schnell zu einer ernsthaften Krise hochschaukeln können. Im schlimmsten Fall droht der Marke ein „Shitstorm“. Der bei falschem Handling zu einem langfristigen Imageschaden führen kann. Denn das Web (und Google) vergisst nie!

Treffen kann es jeden

Das Social Web ermöglicht es im Prinzip jedem, mit seiner Meinung ein breites Publikum zu erreichen. Die persönlichen Meinungen sind dabei beeinflusst durch die individuellen Werte jedes Einzelnen. Wobei die wieder durch Gesellschaft und Kultur geprägt sind. Wenn eine Marke diese Werte nicht achtet, kommt es schnell zur großen Empörung. Kritik wird dann schnell, scharf und emotional formuliert.

Findet ein erster “Angreifer” im Web Mitstreiter, die seine Werte teilen und diese durch eine Marke verletzt sehen, kann daraus eine Krise entstehen. Auf solche reagieren Unternehmen in der alten Medienwelt in der Regel mit spezieller Krisenkommunikation. Aber konkrete Strategien für Krisenkommunikation im Web haben nur die wenigsten.

In anderen Firmen herrscht die Meinung, solange man selbst gar nicht im Web 2.0 aktiv ist, könne einen der Zorn des Netzes gar nicht treffen.
Was natürlich nicht der Fall ist. Besser ist es, sich bereits im Social Web positioniert zu haben. Damit fällt es im Falle eines Shitstorms leichter, die Diskussion in Kanäle zu lenken.

Shitstorm oder nicht?

Nicht jede Kritik im Web ist gleich ein Shitstorm. Als solchen bezeichnet man in der Regel eine Welle der Entrüstung, die in einem relativ kurzen Zeitraum über ein Unternehmen hereinbricht, wobei die Diskussion schnell ins Emotionale abgleitet und sich dabei vom eigentlichen Kritikpunkt entfernt. Erreicht ein Shitstorm einmal eine gewisse Größe, werden auch die “alten” Medien ganz schnell darauf aufmerksam.

Prävention

Gut vorbereitet zu sein, ist schon der erste Schritt um auf einen Shitstorm zu reagieren. Hat ein solcher nämlich einmal begonnen, gilt es möglichst schnell darauf zu reagieren. Nur auf Druck der Medien zu reagieren oder gar zu versuchen, ihn aussitzen, ist die schlechteste aller Alternativen. Von daher schadet ein ausgearbeiteter Plan in der Schublade sicher nicht.

Zur Prävention empfehlen sich mehrere Maßnahmen. Wichtig ist dabei sicherlich eigenen Stärken & Schwächen zu kennen, mögliche Angriffspunkte so zu identifizieren und Worst-Case-Szenarien durchzuspielen. Mit welchen Vorwürfen könnte man konfrontiert werden? Wie will man darauf reagieren? Kann man bereits Statements vorbereiten?
Workshops, Krisenhandbücher und interne Social Media Guidelines bieten zusätzlichen Rückhalt. Ein stets gutes Verhältnis zu den Meinungsmachern der Presse hilft im Krisenfall natürlich auch, glaubhaft zu kommunizieren.

Daneben gilt es sich im Web selbst vorzubereiten. Das heißt auf der einen Seite, sich online gut zu positionieren, sich Reputation aufzubauen. Also mit guten Inhalten, verbunden mit Suchmaschinenoptimierung, eine gute Position bei Google einzunehmen. Damit im Falle eines Shitstorms die eigenen Inhalte vor den Inhalten der Angreifer gereiht werden.
Außerdem auf sozialen Plattformen eine breite und hoffentlich treue Fanbasis aufzubauen. Das geschieht ebenfalls durch interessante Inhalte und ehrliche Kommunikation. Im Krisenfall könnten sich Ihre Fans als Fürsprecher für Sie einsetzen.

Auf der anderen Seite ist es ratsam, durch Social Media Monitoring im Auge zu behalten, wer im Netz wo über das eigene Unternehmen, die eigene Organisation spricht, um schon im Voraus auf drohende Gefahren reagieren zu können.

Außerdem sollte natürlich festgelegt werden, wer im Krisenfall mit wem kommuniziert und wie sich Mitarbeiter dann zu verhalten haben (Social Media Guidelines!).

Wenn der Shitstorm einmal da ist

Sind Vorwürfe berechtigt, gilt es seriös auf diese einzugehen. Ein Totschweigen, oder sogar der Versuch, Kritik zu unterdrücken, feuert die Empörung des Webs nur zusätzlich an. Dann kann schnell aus einer Mücke ein Elefant werden (vgl. Streisandeffekt).

Stattdessen lautet die Devise, möglichst schnell und emphatisch auf die Vorwürfe zu reagieren. Aber Vorsicht vor übereilten Panik-Postings! Die Vorwürfe sollten gesammelt und kategorisiert werden, wobei der sachliche vom emotionalen Inhalt zu trennen ist. Folgende Fragen gilt es zu stellen: Was wird der Marke konkret vorgeworfen? Sind die Vorwürfe überhaupt berechtigt, und wer hat sie formuliert? Können sie entkräftet werden? Was muss unternommen werden?

Im nächsten Schritt gilt es, eine Stellungnahme zu formulieren, in der auf die Vorwürfe eingegangen wird. Dabei sollte man Verständnis zeigen und kommunizieren, was bereits unternommen wurde und was in naher Zukunft unternommen werden wird.
Diese erste Meldung sollte an prominenter Stelle online veröffentlicht werden, über verschiedene soziale Kanäle geteilt und den Medien zur Verfügung gestellt werden. Danach sollten die Reaktionen beobachtet und auf Rückfragen geantwortet werden. Gegebenenfalls ist nach einiger Zeit eine zweite Mitteilung nötig.

Ein allgemein verbindliches Rezept gegen Shitstorms gibt es nicht, auch weil jeder Shitstorm anders ist. Trotzdem kann man sagen: Nur wer schnell, aktiv und glaubwürdig kommuniziert, hat die Möglichkeit, die Diskussion selbst mitzubestimmen. Weil Krisen auch immer als Chancen gesehen werden sollten, kann die passende Reaktion eine Marke sogar stärken.

Nach dem Shitstorm

Wenn der Shitstorm überstanden ist, ist die Arbeit noch nicht vorbei. Das eigene Verhalten sollte kritisch reflektiert werden. Was haben wir falsch/richtig gemacht? Was hätten wir besser machen können? Was können wir für ein nächstes Mal lernen?

Außerdem gilt es, die eigenen Inhalte, also Stellungnahmen und Reaktionen auch SEO-technisch zu pflegen. Damit Suchmaschinen in Zukunft nicht nur den Shitstorm finden, sondern auch die Reaktion der Marke auf die Vorwürfe.