Schlachtfeld Internet im amerikanischen Wahlkampf
Benjamin Greenberg
2016 wird wieder einmal eines jener Jahre in denen die amerikanische Bevölkerung für den Rest der Erdbevölkerung den „mächtigsten Mann (oder Frau) der Welt“ wählt. Zweifelsohne ein für die Weltpolitik entscheidendes Ereignis, wird diese Person doch der größten Volkwirtschaft und dem teuersten Militärapparat der Welt vorsitzen und somit nicht unbeachtlichen Einfluss auf die Geschicke des Planten haben.
Nachdem der amtierende Präsident Obama nach zwei Legislaturperioden laut US-Verfassung kein weiteres Mal zur Wahl antreten darf, gilt es für die beiden großen Parteien, sich auf eine KandidatIn zu einigen, die Ende des kommenden Jahres für den Posten kandidieren soll.
Keine einfache Aufgabe angesichts der internen Differenzen innerhalb der Parteien. Vor allem die Republikaner sehen sich einer Zerrissenheit zwischen den ultrakonservativ rechten Anhängern der Tea Party Bewegung und den gemäßigten Konservativen ausgesetzt. Der Einstieg des eigentlich parteilosen Milliardärs Trump in den republikanischen Vorwahlkampf sorgt da noch zusätzlich für Unruhe.
An sich sind Uneinigkeiten beim Vorwahlkampf um die Präsidentschaftskandidaturen der Parteien nicht Neues, doch erhielten diese noch nie eine solche mediale und finanzielle Aufmerksamkeit.
Die Budgets und Ausgaben erreichen jetzt schon historisch nie dagewesene Dimensionen. So schätzen etwa Bloomberg Analysten, dass bis zur tatsächlichen Wahl im November 2016 rund 10 Milliarden US-Dollar in den Wahlkampf investiert werden könnten. Eine astronomische Summe, die das jährliche Bruttoinlandsprodukt so manch eines UN-Mitgliedsstaates übersteigt.
Es kann mit Fug und Recht von einem handfesten Wahlkrieg gesprochen werden, der auf allen medialen Kanälen tobt und nicht zuletzt auch im Internet, mit teilweise recht schmutzigen Mitteln geführt wird.
Kleine Tweets, große Wirkung
Als ausschlaggebende Kraft für Obamas Erfolg bei den Wahlkampagnen 2008 und 2012 sehen Analysten nicht zuletzt die tadellose Nutzung sozialer Medien mit verantwortlich. Die republikanischen Kandidaten haben aus den Fehlern ihrer Vorgänger gelernt und investieren beachtliche Mittel, um auf sozialen Kanälen wie Twitter, Facebook und Snapchat präsent zu sein.
Zwar erreichen sie auf diese Weise inzwischen bedeutend mehr ihrer AnhängerInnen als es noch vor vier Jahren bei den Republikanern der Fall war, können jedoch nach wie vor nicht dem eingespielten Social Media Team, das unter Obamas Regie entstand, das Wasser reichen. Vor allem die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton nutzt ausgiebig die sozialen Netzwerke für ihre Zwecke. Neben ihren gut laufenden Facebook und Twitter Konten nutzt ihr Wahlkampfteam auch Nischennetzwerke wie Pinterest und Instagram, es hat sogar auf Spotify eine eigene Playlist zusammengestellt.
Dieser Mix aus sozialen Kanälen, dessen sich die KandidatInnen bedienen erlaubt es ihnen mehr Arten von Content an ihre Zielgruppen zu bringen, seien es nun sorgfältig verfasste Posts oder „spontane“ on-the-fly Kommentare, die Wählerschaft soll so einen scheinbar vollständigeren Eindruck von den PolitikerInnen erhalten.
Auch Prominente abseits der politischen Bühne, die selbst über eine große Menge an Followern verfügen greifen auf diesen Kanälen in das Wahlkampfgeschehen ein und können mit ihren Posts die Meinungen der Wählerschaft beeinflussen. Mitunter erweisen sich solche Star-Beiträge als komödiantisch wertvoll wie die Sängerin Cher mit ihrem Twitter Account unlängst demonstrierte.
Der Meme Feldzug
Die Aktualität und Direktheit von sozialen Medien öffnen Tür und Tor für Spott. Eine der sichtbarsten Spielarten sind dabei die Internet-Memes. Momentaufnahmen, die mit meist sarkastischen Bemerkungen beschriftet werden. Jeder Fehltritt oder Sager einer PolitikerIn wird inzwischen in Meme-Form verewigt und millionenfach durch das Netz geschickt. Der Rufschaden, der durch die Viralität dieser Spottbilder entstehen kann ist enorm. Dies musste 2012 der damalige republikanische Kandidat Mitt Romney am eigenen Leib spüren, als eine seiner Antworten in einem Fernsehduell, missinterpretiert und zu einem rasant verbreiteten Meme wurde.
Es ist anzunehmen, dass einige der aktuell kursierenden Wahlkampf Memes von den Wahlkampfteams der KandidatInnen selbst ins Netz gestellt werden, um dem Ansehen der Konkurrenz zu schaden. Eine anonyme und kaum zurückverfolgbare Art der Schmutzkampagne.
Präsidentenwetten
Eine weitere Internetskurrilität, die im Dunstkreis des amerikanischen Wahlkampfs entstanden ist, sind Wetten auf den Ausgang der Wahlen im November 2016, beziehungsweise der innerparteilichen Vorwahlkämpfe. Zahlreiche namhafte Wettanbieter geben ihren Kunden auf ihren Internetplattformen die Möglichkeit, Geld auf ihre Favoriten zu setzen und mit etwas Glück aus dem Wahlergebnis Profit zu schlagen.
Interessant dabei ist, wie dynamisch die Wettquoten der jeweiligen KandidatInnen an die aktuellsten Ereignisse angepasst werden. Fast in Echtzeit reagieren die Quoten auf jeden Faux pas, noch bevor große Meinungsforschungsinstitute ihre Prognosen anpassen können.
So sind beispielsweise die Quoten auf eine Kandidatur des Republikaners Ben Carson rapide abgesackt, nachdem ein Video auftauchte, in dem Carson sich mit allerhand konfusen Verschwörungstheorien auseinandersetzt.
Wettquoten können deutlich flexibler reagieren, da sie nicht auf Fakten und Daten basieren, sondern allein von den Buchmachern diktiert werden. Statistiken und Prognosen von Meinungsforschern sind bestimmt kein unwichtiger Aspekt bei der Berechnung der Wettquoten, doch können die Buchmacher in ihre Kalkulationen auch Faktoren wie bereits abgegebene Wetten einbeziehen. Damit liefern Wettseiten unbewusst ein alternatives Stimmungsbarometer.