Goodbye, Netzneutralität!?
Daniel Marx
Was ist Netzneutralität?
Netzneutralität beschreibt das Prinzip der Gleichbehandlung aller Datenpakete bei der Übertragung im Internet. Dabei wird nicht nach Inhalte, Anbieter, Empfänger, Endgeräten und genutzter Software unterschieden. Dieses Konzept ist eine der Grundlage dafür, wie sich das offene Internet in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Weil keine Anbieter, Inhalte oder Anwendungen bevorzugt werden, können sich neue Ideen und Produkte, die das Internet als Grundlage nutzen, ohne Benachteiligungen und völlig gleichberechtigt entfalten. In letzter Zeit steht aber eine Abschaffung oder zumindest Aufweichung dieses Grundprinzips im Raum.
Warum sollte man die Netzneutralität abschaffen?
Hinter der Forderung die Netzneutralität aufzuheben stehen vor allem die Telekom Anbieter und Netzbetreiber. Sie wittern ganz einfach ein zusätzliches Geschäftsfeld. Schließlich könnte man dann nicht nur die normalen User für den Zugang zum Netz zur Kasse bitten, sondern die Anbieter von Inhalten für eine bevorzugte und schnellere Behandlung ihrer Daten bezahlen lassen.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Netzneutralität hat nichts damit zu tun, dass ein User mit schnellem Glasfaser-Anschluss eben mehr zahlen muss, als jemand mit einer langsameren Leitung. Netzneutralität bedeutet, dass jeder User alle Daten mit derselben Geschwindigkeit geliefert bekommt. Egal ob es sich dabei um Streaming Daten von Netflix oder um Datenpakete einer kleineren oder vielleicht auch nicht ganz legalen Streaming Plattform handelt.
In unserem Beispiel würde eine Aufhebung der Netzneutralität bedeuten, dass zum Beispiel Netflix die Internet Provider dafür bezahlen könnte, alle Netflix Daten schneller durch die Leitungen zu schicken, als die anderer Streaming Plattformen.
Was ist daran so schlimm?
Aktivisten gegen die Aufweichung der Netzneutralität fürchten, dass dadurch der Charakter des Internets grundlegend verändert werden könnte. Zum einen würden sich ein „Sponsoring“ der eigenen Daten wohl nur die großen und zahlungskräftigen IT-Unternehmen, wie Facebook, Google, Amazon & Co leisten können. Kleinere Plattformen, Anbieter und Start-Ups könnten sich dann ungleich schwerer durchsetzen, ganz einfach deshalb, weil ihre Daten viel langsamer durch die Netze geleitet werden würden als die der zahlungskräftigen Konkurrenz. So würde Innovation unterdrückt.
Zum anderen fürchtet man auch, dass die Internet Provider die Geschwindigkeit der „normalen“ Leitung drosseln. Um die Content-Anbieter zu überzeugen für die Überholspur zu zahlen oder die User für Zusatzpakete zu begeistern.
Daneben wird die wachsende Kontrolle, die die Provider über die Auslieferung von Inhalten hätten, kritisiert. Weil sie letztlich über die Infrastruktur des Netzes verfügen, könnten nicht erwünschte Inhalte nachteilig behandelt werden.
Situation in den USA, EU und Österreich
In den USA wurde bis vor kurzem um eine gesetzliche Regelung der Netzneutralität gestritten, wobei es lange danach aussah, dass die Netzneutralität fallen könnte. Seit Anfang dieses Jahres aber ist die Netzneutralität gesetzlich geregelt. Ob es an diesem Aufklärungsversuch des US Satirikers John Oliver gelegen hat:
In der EU dagegen scheinen die Lobbyisten der Netzbetreiber erfolgreicher gewesen zu sein. Ende letzten Monats opferte man in einem Kuhhandel die Netzneutralität, um den Telekomanbietern eine Einschränkung der Roaming-Kosten für Telefongespräche im EU Ausland abzuringen. Zwar steht der endgültige Entwurf mit genauen Regeln noch nicht fest, dass es aber zu einer Aufweichung dieses Grundprinzip des offenen Internets kommt steht zu befürchten.
In Österreich steht die zuständige Rundfunk & Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) zum Prinzip der Netzneutralität. Allerdings ist diese nicht gesetzlich geregelt, sondern mehr eine gelebte Praxis. In den letzten Jahren gab es immer wieder Angebote, bei denen die Netzneutralität ausgehebelt wurde. Ein Beispiel ist das Angebot des Netzbetreibers Drei mit Spotify. Der Datenverbrauch des Streaming Service ging dabei nicht auf Kosten des mobilen Datenvolumens.
Um die Netzneutralität auch in Österreich gesetzlich festschreiben zu lassen, setzt sich die Aktionsgemeinschaft unsernetz.at ein. Für die Netzneutralität in der EU tritt die Plattform savetheinternet.eu ein.