Fake News, Echokammern & Filterblasen

Daniel Marx

„Der Papst unterstützt Trump“ war die Schlagzeile eines Artikels, der im Amerikanischen Wahlkampf tausende Mal auf Facebook & Co geteilt, geliked, kommentiert & gelesen wurde. Doch die Nachricht war schlicht und einfach falsch. Facebook, Twitter & Co waren im US-Wahlkampf voll mit Fake-News und auch im österreichischen Bundespräsidentenwahlkampf tauchen immer wieder Falschmeldungen auf, die sich rasend schnell über die sozialen Medien verbreiten.

Laut einer Analyse von Buzzfeed sollen Fake-News in den letzten Monaten mehr Reichweite und Interaktion generiert haben als Nachrichten Artikel aus seriösen Quellen. Das US-Portal verglich dabei die erfolgreichsten 40 Artikel über Wahlkampfthemen, die auf Social-Media-Plattform verbreitet wurden.

Was steckt hinter dem Erfolg der Fake- News?

Hinter dem Erfolg der Fake News stecken mehrere Phänomene. Zunächst sind Falschmeldungen nichts anderes als eine weitere Ausprägung der bekannten Clickbait-Taktik. Reißerische Titel und emotionale Bilder polarisieren und sollen ein bestimmtes Zielpublikum zum Klicken verleiten. Das bringt Engagement und damit Reichweite. Was neu ist, ist die politische Dimension der Artikel. Denn, ob man sich nun das süßeste Kätzchen der Welt ansieht, oder eben liest, dass Hillary Clinton und Barack Obama ISIS gegründet haben, mag doch einen Unterschied in der politischen Meinungsbildung machen.

Neben der politischen Motivation der Verbreitung von Propaganda stecken hinter den Fake-News aber oft auch rein ökonomische Interessen. Bekannt wurde der Fall mazedonischer Jugendlicher, die vom Balkan aus hunderte Pro-Trump Websites mit Fake-News betrieben, mit dem alleinigen Ziel genügend Traffic auf ihr Netzwerk zu leiten, um durch Werbeeinnahmen schnelles Geld zu verdienen.

Echokammern & Filterbubbles

Dazu machen sich die Fake News Seiten eine Funktionsweise sozialer Plattformen und personalisierter Suchmaschinen zunutze. Denn soziale Medien funktionieren als Echokammern. Nicht nur, dass wir auf Facebook, Twitter & Co aktiv Menschen aus unseren Freundeskreis folgen, die meist eine ähnliche Meinung wie wir selbst vertreten, die Algorithmen der Plattformen zeigen uns Usern auch nur Postings, die uns in unserer Meinung unterstützen und festigen.
Konträre Meinungen tauchen kaum im Newsfeed auf, wenn etwa Facebook meint, dass sie den User nicht ansprechen. Durch diesen Mechanismus wird die eigene Meinung also verstärkt, gegenläufige Informationen werden ausgeblendet. Fake-News zielen genau auf die Meinungen und oft die Vorurteile bestimmter Zielgruppen. Sie sind der Populismus des Internets, geben sie den Usern doch genau das, was sie gerne lesen, hören und sehen möchten. Ob der Inhalt wahr oder falsch ist, spielt dabei keine Rolle mehr.

Auch die personalisierte Suche im Web trägt zum Problem bei. Sobald sich die Algorithmen von Google, Bing oder Yahoo aus dem Suchverlauf & dem Surfverhalten ein Profil errechnet haben, ist man schnell in der Filterblase gefangen. Weil die Suchmaschinen das individuell relevanteste Ergebnis zu liefern versuchen, spiegelt sich diese Relevanz ganz schnell auch in politisch relevanten Suchen wieder.
Ein bekanntes Beispiel für die Filterbubble ist eine Suche nach „Britisch Petrol“: Während der eine User Informationen zu Deepwater Horizon und der Ölpest im Golf von Mexiko geliefert bekommt, erfährt der andere, wie sich der Aktienkurs der Gesellschaft entwickelt und wie man bei BP investieren kann.

Daher neigen auch personalisierte Suchmaschinen den Usern genau die Nachrichten zu zeigen, die diese sehen möchten. Die Seriösität kann dann schon mal links liegen bleiben.

Ökonomie & Psychologie der Algorithmen

Aber warum funktionieren die Algorithmen der Dienste auf diese Weise? Grundlage ist natürlich das ökonomische Interesse der Konzerne.

Auch wenn es etwa Facebook immer wieder abstreitet, ist das Soziale Netzwerk defacto nicht nur die neutrale Plattform eines IT-Konzerns, sondern funktioniert zumindest zum Teil auch wie ein klassisches Medium. Facebook kämpft um das wertvollste Gut überhaupt: Die Aufmerksamkeit der User. Um anschließend die gewonnene Aufmerksamkeit über Werbung an andere zu verkaufen. Genau wie klassische Medien. Das Ziel ist also die User möglichst lange auf dem eigenen Angebot zu halten, bzw. sie immer wieder zur Rückkehr auf die eigene Plattform zu bewegen (Instant Articles sind etwa ein Projekt, um den User gar nicht von Facebook weg zu lassen), um ihnen dann auch immer wieder möglichst passende Werbung auszuliefern.

Um die Nutzungsdauer der Plattform zu verlängern, baut Facebook (genau wie andere Dienste) darauf das Nutzungserlebnis möglichst angenehm zu machen. Und dazu gehört eben nicht nur das technisch reibungslose Funktionieren oder ansprechendes und funktionales Design, sondern auch die Inhalte sollen möglichst angenehm sein. Die User sollen damit Interagieren und durch dieses Engagement weitere persönliche Nutzungsdaten liefern, die später wieder werbetechnisch genutzt werden können.

Laut Facebook haben Versuche den Algorithmus so anzupassen, dass auch andere Meinungen und Themen in den Newsfeed gespült werden gezeigt, dass das Engagement und die Verweildauer der User auf Facebook deutlich abnahmen.
Das passt zur einer Theorie aus der Medienpsychologie, die besagt, dass Menschen versuchen durch selektive Wahrnehmung und selektive Informationssuche dissonante Informationen zu vermeiden, weil sie ein negatives Gefühl auslöst. Der Facebook Algorithmus unterstützt daher User diese Kognitive Dissonanz von vorneherein zu vermeiden und nur konsistente Postings zu zeigen. Negative Gefühle sollen nicht mit Facebook assoziiert werden.

Was kann man als User gegen Fake News machen

Auf Facebook hat der User bereits jetzt die Möglichkeit Falschmeldungen zu melden. Durch einen Klick auf den grauen Pfeil im rechten Eck jedes Postings gibt es die Möglichkeit einen Beitrag zu melden.

Im sich folgenden Dialog kann man angeben, warum der Beitrag eben nicht auf Facebook sein sollte, nämlich weil es sich um eine falsche Nachrichtenmeldung handelt.

Um der Filterblase und der Echokammer zu entkommen, müssten User aber auch selbst aktiver nach anderen Standpunkten suchen, auch direkt auf die Seiten klassischer seriöser Medien gehen und sich nicht nur auf die Feeds sozialer Plattformen verlassen. Um Fake News zu erkennen hilft dagegen nur eines: Medienkompetenz. Und die muss für „Neuen Medien“ auch neu gelernt werden.

Was wollen Facebook & CO dagegen machen?

Aber auch Facebook, Google und die anderen großen Plattformen beteuern gegen Falschmeldungen vorzugehen. In einem Posting hat Facebook Chef Zuckerberg sieben Maßnahmen präsentiert, die das Unternehmen zur Bekämpfung von Fake-News einführen will. Neben aktiven Vorgehen gegen kommerzielle Spammer – wie eben die Jungs aus Mazedonien – soll beim Teilen von Fake-News auch eine Warnung auftauchen und Algorithmen automatisch Falschmeldungen besser erkennen.
Wie etwa Marketingland.com schreibt, ist die Herausforderungen Fake-News durch Algorithmen zu erkennen und dementsprechend zu behandeln aber sehr groß und eine schnelle Lösung daher eher nicht in Sicht.