.cool oder .sucks ? – die ersten neuen TLDs gehen live

Daniel Marx

Im Laufe des Jahres werden nach und nach 1.300 neue Top-Level-Domains (TLD) verfügbar sein. Bisher waren alle Domain-Endungen entweder Country Code TLDs (ccTLD), wurden also länderspezifisch vergeben, wie .at, .de oder .fr, oder aber es waren generische TLDs, die ursprünglich für bestimmte Gruppen vorgesehen waren, wie .com, .org oder .net, sowie einige wenige „gesponserte“ generische TLDs, wie etwa das von der amerikanischen Regierung genutzte .gov.

2008 entschied die ICANN, die weltweite Vergabestelle für Adressen, das System für weitere gesponserte Endungen zu öffnen. Gegen eine Bearbeitungsgebühr von 185.000 US-Dollar konnte jedermann seine Wunsch TLD vorschlagen. Bei tatsächlicher Zulassung einer Top-Level-Domain war noch ein deutlich höherer Betrag zu zahlen.

Thematisch sind die neuen TLDs bunt gemischt. Von branchenspezifischen TLDs, wie .attorney oder .marketing, über Inhaltliches, wie .motocylces und .wedding, bis hin zu markenspezifischen Endungen, wie .google oder .ibm, ist alles dabei.

Auch zwei neue Domains mit Österreichbezug sind dabei: .wien und .tirol werden bald verfügbar sein.

Marken sichern kann teuer werden

Besonders Markeninhaber werden kaum darum herumkommen, ihren Brand auch unter einigen neuen TLDs abzusichern. So sollte man als Agentur also eventuell überlegen, sich den eigenen Namen auch unter der Endung .agency zu sichern.
Marken ist es dazu in der Regel auch möglich, den Markennamen – für entsprechendes Entgeld – unter einer neuen TLD bereits vor der allgemeinen Verfügbarkeit zu sichern. Für Unternehmen mit vielen Marken kann das dann durchaus auch ein teurer Spaß werden.

Für besonderen Ärger sorgt hier übrigens die Endung .sucks, deren Verwaltung sich eine findige englische Agentur geschnappt hat. Schließlich will niemand seine Marke vor einem .sucks stehen haben, wodurch man fast gezwungen wird diese zu für sich zu registrieren.

Haben die neuen TLDs aus SEO-Sicht Vorteile?

Kaum waren Vormerkungen für die neuen Endungen möglich, stürzten sich vor allem Suchmaschinenoptimierer auf vielversprechende Domains. Denn viele erhoffen sich für Websites, die unter einer der neuen Endungen erreichbar sind, ein höheres Ranking auf Googles Suchergebnisseiten.

Matt Cutts, Chef des Google Spam-Teams und derjenige, dem weltweit sämtliche SEOs an den Lippen hängen, versuchte in einem G+ Post allerdings gleich die Erwartungen zu dämpfen:

„Google will attempt to rank new TLDs appropriately, but I don’t expect a new TLD to get any kind of initial preference over .com, and I wouldn’t bet on that happening in the long-term either. […] you shouldn’t register a TLD in the mistaken belief that you’ll get some sort of boost in search engine rankings.“

Trotzdem könnte es sich auch aus SEO-Sicht lohnen, neue TLDs zu kaufen. Denn vor allem lokale Endungen könnten interessant werden, da die lokale Suche dank mobiler Geräte immer stärker zunimmt.
Und eine entsprechende Keyword-Endung könnte von Suchmaschinen dann doch als Hinweis auf die lokale Verfügbarkeit gewertet werden.

Zwar ist der Ranking-Einfluss von Keywords in Domainnamen in letzter Zeit gesunken, wie Anfang 2013 von Cutts angekündigt, dennoch zeigt unsere Erfahrung, dass sie zumindest in der deutschsprachigen Google-Suche noch immer gut funktionieren.
Selbst wenn in Zukunft Keywords im Domainnamen keine Auswirkungen mehr haben sollten, könnten sie immer noch einen gewissen Vorteil für Linkbuilding bringen: Alle Domain-Links haben automatisch die wichtigsten Keywords im Anker-Text.

Besonders kleinere Unternehmen in hart umkämpften lokalen und regionalen Märkten, wie Taxis, Handwerker usw., könnten von Endungen wie .wien oder .berlin profitieren.

Kommt der Durchbruch überhaupt?

Mit den neuen Endungen wird versucht, das bisher relativ strukturierte Domain-System endgültig aufzubrechen. Dabei wird es auch darauf ankommen, wie die neuen Domains von Branchen und Usern angenommen werden.
Schließlich gibt es seit 2001 bereits eine kleine Anzahl gesponserter TLDs, die sich aber bisher kaum durchsetzen konnten, wie .name, .museum oder .travel. Wohl auch, weil viele User diese Endungen gar nicht kennen und ihnen deshalb auch wenig Vertrauen entgegenbringen.

Viele gehen davon aus, dass, abgesehen von den lokalen Endungen und recht allgemein formulierten Varianten, wie .shop oder .web, die meisten der neuen Domains ein relatives Schattendasein fristen werden.

Sollten sich dagegen tatsächlich viele der Endungen durchsetzen, werden die User noch viel öfter die Suchmaschine anwerfen müssen, um die gewünschte Seite zu finden.